Zum 100. Todestages des Salzburger Landeshauptmannes Dr. Alois Winkler (1838 Waidring/Nordtirol – 1925 Stadt Salzburg)

Eine historische Einordnung von LH a.D. Univ.-Prof. Dr. Franz Schausberger

Alois Winkler – Friedlicher Übergang von der Monarchie zur Republik.
Zum 100. Todestag eines bedeutenden Salzburger Landeshauptmanns.

Wenn es in der Zeit des Endes des 1. Weltkrieges im Winter 1918/19 in Stadt und Land Salzburg ziemlich friedlich blieb und im Gegensatz zu anderen Städten der sich auflösenden Monarchie blutige Ausschreitungen mit Toten verhindert werden konnten, so war dies vor allem dem besonnenen und umsichtigen Verhalten von Landeshauptmann Prälat Alois Winkler zu verdanken, dessen Todestag sich am 11. Juli zum hundertsten Male jährt.

Da der Christlichsoziale Alois Winkler bei allen politischen Lagern hohes Ansehen hatte, konnte der Übergang von der Monarchie zur Republik ohne größere gewalttätige Unruhen ablaufen. Die Versorgung der Bevölkerung konnte einigermaßen gesichert werden, sodass größere Hungerunruhen in Salzburg ausblieben.

Jugend und kirchliche Laufbahn

Alois Winkler wurde als vierzehntes Kind des Bauern Michael Winkler und seiner Frau Maria am Adlergut in Waidring in Tirol geboren. Sein Vater gehörte 1809 zu den Landesverteidigern unter Andreas Hofer.

Auf Grund seiner Begabung durfte Alois das Akademische Gymnasium in Salzburg besuchen und trat nach der Matura in das fürsterzbischöfliche Priesterseminar ein. 1863 wurde er von Fürsterzbischof Graf Tarnoczy im Salzburger Dom zum Priester geweiht.

Einige Jahre fungierte er als Kooperator in den Tiroler Pfarren Erl, Söll und Brixlegg, wo er Mitbegründer der dortigen Passionsspiele war. Er wurde schon damals als über die Maßen gesellig, äußerst willensstark, eigensinnig und hartnäckig beschrieben. Nach seiner Berufung in das Salzburger Domkapitel 1894 wurde er 1908 Domkustos, 1911 Domscholastikus und 1921 Domdechant. 1903 erhielt er den Titel eines päpstlichen Hausprälaten und zwanzig Jahre später feierte er sein Diamantenes Priester-Jubiläum. Soweit zur kirchlichen Laufbahn und nun zur politischen.

Beginn der politischen Laufbahn

1867 wurde er nach Mittersill versetzt, gründete dort den ersten katholisch-politischen Verein des Pinzgaus und engagierte sich gegen den herrschenden Liberalismus. In Mittersill erkrankte er 1870 schwer an Typhus und war zwei Jahre nicht arbeitsfähig. Seine Erkrankung führte einerseits dazu, dass er sich noch stärker zur Politik hinwandte und andererseits zum Abstinenzler und Vegetarier wurde. Nach den folgenden 20 Jahren in Radstadt war er von 1890 bis 1894 als Pfarrer und Dechant von Altenmarkt im Pongau tätig. In Radstadt wurde er endgültig zum Politiker. Er wurde in den Gemeindeausschuss von Radstadt gewählt und vertrat ab 1878 Radstadt im Rahmen des konservativen Wahlkomitees im Salzburger Landtag. Über 40 Jahre, bis 1919 gehörte er ununterbrochen dem Salzburger Landtag an.

Zudem übernahm Winkler 1887 die Herausgeberschaft der katholischen Tageszeitung „Salzburger Chronik“, welche er bis zu seiner Wahl zum Landeshauptmann 1897 wahrnahm.

41 Jahre Mitglied des Landesausschusses

1878 folgte seine Berufung als Ersatzmitglied in den Landesausschuss (Landesregierung), ab 1884 war er Mitglied des Landesausschusses.

Bei der Landtagswahl 1896 erreichte die Konservative Partei die absolute Mehrheit und Alois Winkler wurde vom Kaiser zum Landeshauptmann ernannt. Es war wohl ein wesentliches Verdienst von Alois Winkler, dass generell die politische Atmosphäre in Salzburg – im Gegensatz zu anderen Kronländern – nicht gehässig war, es keine Obstruktionspolitik gab und gute, zum Teil freundschaftliche Kontakte zu den politischen Kontrahenten bestanden. Das war die Grundlage dafür, dass später, in den turbulenten Nachkriegsmonaten, kein politischer Extremismus und klassenkämpferische Umtriebe aufkamen. Von 1897 bis 1901 war Winkler auch Reichsratsabgeordneter.

Bei der Landtagswahl 1902 verloren die Konservativen ihre Mehrheit an die Deutschkonservativen, der Altliberale Albert von Schumacher wurde Landeshauptmann, Alois Winkler sein Stellvertreter. In den folgenden Jahren kam es ohne Probleme zum Zusammenschluss der konservativen Honoratiorenpartei mit der moderneren Christlichsozialen Partei Karl Luegers. Dies und die zunehmende Demokratisierung des Wahlrechts führte zu einem wichtigen Sieg der nunmehr Christlichsozialen Partei bei der Landtagswahl 1909 und brachte Alois Winkler wieder in das Amt des Landeshauptmannes.

Insgesamt gehen die Errichtung der „Landestaubstummenanstalt“, der „Landesheilanstalt für Geistes- und Gemütskranke“ in Lehen, der Lungenheilanstalt Grafenhof, der zügige Aus- und Umbau der Landeskrankenanstalten, die Errichtung der Landesackerbauschule in Oberalm sowie die „Kaiser-Franz-Josef Landwirtschaftsschule Winklhof“ auf Landeshauptmann Winkler zurück.

Winkler und der Erste Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Monarchie half er die Not der Bevölkerung zu mildern und hinterließ bei seinen Zeitgenossen einen bleibenden Eindruck, als er im Oktober/November 1918 im Alter von 80 Jahren Ordnung in der Provisorischen Landesversammlung (“Revolutionslandtag”) herstellte. Seine sachliche Art brachte ihm die Anerkennung weiter Teile der Bevölkerung und auch seiner politischen Gegner ein.

Ab Herbst 1916 hatte es im Land Salzburg wegen der zunehmend schlechteren Versorgungslage immer wieder kleinere, lokale Streiks und Demonstrationen gegeben. Viele Frauen konnten ihre Familien nicht mehr ernähren. Die Unruhen konnten aber durch den raschen Nachschub von Nahrungsmitteln rasch beendet werden. Während im Jänner 1918 große Teile der Monarchie von ausgedehnten Streiks erschüttert wurden, konnten diese und die folgenden Streiks in Salzburg auf einem moderaten Niveau gehalten werden. Am 21. Juni kam es dann auch in Salzburg zur ersten großen Hungerdemonstration, bei der die aufgebrachte Menge den Hof der Landesregierung stürmte. Am 19. September kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Der Landeshauptmann bewahrte Ruhe. Alois Winklers Verdienst war es, keinen Schießbefehl für die Garnison Salzburg erteilt zu haben. das Militär hielt sich deshalb zögernd zurück.

Der Winter 1918 traf die Salzburger Bevölkerung wie ein Fallbeil. Der Krieg “für Gott, Kaiser und Vaterland” war verloren, die Väter, Söhne und Brüder waren tot oder noch nicht heimgekehrt und das kleine ehemalige Kronland nagte am Hungertuch. Dazu gesellten sich die Kälte und die so genannte Spanische Grippe.

Der Übergang von der Monarchie zur Republik konnte dennoch ohne größere gewalttätige Unruhen ablaufen. Die Lösung der Ernährungsfrage war Winklers wichtigstes Anliegen. Die Versorgung der Bevölkerung konnte einigermaßen gesichert werden, sodass weitere Hungerunruhen, wie in anderen Städten der sich auflösenden Habsburgermonarchie mit blutigen Ausschreitungen und Toten verhindert werden konnten.

Am 29. November 1918 bestätigte die provisorische Landesversammlung mit 33 von 34 Stimmen den 80-jährigen Prälaten Alois Winkler, den bisherigen Landeshauptmann, in seiner Funktion. Der Großdeutsche Max Ott und der Sozialdemokrat Robert Preußler wurden seine Stellvertreter. Damit waren die Grundstrukturen der in Salzburg vorherrschenden Konsensdemokratie gelegt. In der „Provisorischen Landesversammlung“ trug Landeshauptmann Winkler von November 1918 bis zu seinem Ausscheiden im April 1919 wesentlich zum geordneten Übergang von der Monarchie zur Republik bei. Franz Rehrl, der spätere langjährige und legendäre Landeshauptmann war bei Alois Winkler Sekretär und Vorstand der Landesausschuss-Kanzlei.

Sein Lebensende

Aufgrund seines hohen Alters und nicht zuletzt auch wegen der geänderten politischen Verhältnisse kandidierte Winkler bei der Landtagswahl im April 1919 nicht mehr. Er zog sich aus der aktiven Politik zurück und engagierte sich fortan nur mehr in katholischen Vereinen. 1925 starb der ehemalige Landeshauptmann 87-jährig in Salzburg. Nach seinem Tod wurde er in der Domherrengruft am Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt.

Literatur (Auswahl):

Dohle, Oskar: 150 Jahre Salzburger Landeshauptleute (1861–2011), Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs Nr. 17, Salzburg (Land Salzburg) 2011.

Oskar Dohle: Der Erste Weltkrieg – blutiger Untergang der „alten Ordnung“, 1914 – 1918. In: Oskar Dohle, Alfred Höck, Franz Wieser (Hg.): Salzburg nach 1816. Schicksalszeiten auf dem Weg zur Demokratie. Schriftenreihe des Landesmedienzentrums „Sonderpublikationen“ Nr. 263. Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs Nr. 26. Salzburg 2017.

Thomas Mitterecker: Prälat Winkler – ein Landeshauptmann in bewegten Zeiten. In: Oskar Dohle, Thomas Mitterecker (Hg.): Salzburg 1918 – 1919. Vom Kronland zum Bundesland. Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr. Wilfried Haslauer Bibliothek. Hg. Von Robert Kriechbaumer, Franz Schausberger, Hubert Weinberger. Band 68. Wien, Köln, Weimar 2018.

Franz Schausberger: Die Christlichsoziale Partei Salzburgs. „… diesem neuen Staate ebenso treu und uneigennützig zu dienen, wie wir bereits dem alten Kaiserstaat gedient haben.“ In: In: Oskar Dohle, Thomas Mitterecker (Hg.): Salzburg 1918 – 1919. Vom Kronland zum Bundesland. Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr. Wilfried Haslauer Bibliothek. Hg. Von Robert Kriechbaumer, Franz Schausberger, Hubert Weinberger. Band 68. Wien, Köln, Weimar 2018.öln, Weimar 2018.

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