Josef Klaus – der konservative Humanist

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Anlässlich des 100. Geburtstages von Altbundeskanzler Josef Klaus diskutierten die Zeitzeugen Heinrich Neisser, Karl Pisa und Josef Taus auf Einladung des Karl von Vogelsang-Instituts die langfristigen Verdienste des großen Politikers und Reformers. Moderiert wurde das Gespräch von Geschäftsführer Dr. Helmut Wohnout.

Für den Historiker Ernst Hanisch hat Josef Klaus die sozialliberale Ära Österreichs eingeläutet und 1966 war sein Wahlsieg die Zäsur für ein modernes Österreich. Der Industrielle Josef Taus sieht vier bleibende Verdienste von Klaus: „ Als Bundeskanzler hat Klaus gezeigt, dass sachliche Politik möglich ist. Niemand vor und nach ihm konnte so viele junge Leute für die Politik begeistern. Er hat die Annäherung Österreichs an Europa begründet ein Europabewusstsein geschaffen und die ersten Schritte zum Beitritt zur EWG eingeleitet. Und Klaus trieb eine Begeisterung für Wissenschaft an. Mit der Aktion 20 hat er erstmals den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik begründet.“

Vater des modernen Österreich

Klaus half mit, aktiv das Trauma des österreichischen Bürgerkrieges zu überwinden. Er verwandelte Österreich von einer Honoratiorenrepublik in eine moderne Republik. So hat Klaus etwa die Todesstrafe in Österreich abgeschafft, Privatisierungen erfolgreich durchgeführt und die Drittelparität, also die studentische Mitbestimmung, an Österreichischen Universitäten eingeführt. Auch die ORF-Reform hat Klaus in die Wege geleitet. Heinrich Neisser, Staatsrechtler und Wissenschaftler, erinnert sich an den Visionär Klaus: „ Klaus wollte eine globale Friedensuniversität im Marchfeld bauen – nur 30 km vom Eisernen Vorhang entfernt – um Auswege aus dem Kalten Krieg zu finden. Sein Politikstil, zuerst nachdenken, dann verkünden, seine Bescheidenheit und sein Arbeitsethos waren einzigartig. Auch in der Südtirolfrage hat er mit dem Paketabschluss einen historischen Kompromiss geschaffen.“

Eigentum für alle

Als Sozialreformer wusste Klaus, dass materieller Wohlstand die Basis für Frieden und eine funktionierende Demokratie ist. Karl Pisa, Berater unter Klaus, bewertet diesen als einen der besten Kanzler Österreichs: „ Klaus hat den gesellschaftlichen Aufstieg durch Bildung propagiert und auch in die Tat umgesetzt. Er hat damit die Modernisierung der Gesellschaft eingeleitet. Auch sein außenpolitisches Geschick hat Österreichs Reputation in der Welt gestärkt.“ Neisser wies darauf hin, dass Klaus den Staatshaushalt zukunftsfähig seinem Nachfolger Bruno Kreisky hinterließ. Hannes Androsch, Finanzminister unter Bruno Kreisky hat daher immer zugegeben, dass die ersten Jahre seiner Amtszeit ein Kinderspiel und die Verteilungsspielräume aufgrund der fiskalpolitischen Weitsicht Klaus groß waren. Erst Bruno Kreisky hat diesen Vorsprung durch unverantwortliche Schuldenpolitik wieder verspielt. Bei der abschließenden Bewertung der politischen Lebensleistung von Klaus stimmten Neisser, Pisa und Taus überein, dass Klaus mit seiner Bescheidenheit und seinem sachlichen Stil auch für die aktuelle und kommende Politikergeneration ein großes Vorbild ist