Wolfgang Schüssel (*7. Juni 1945 in Wien)

Schüssel gehörte ab 1989 der österreichischen Bundesregierung an und war von 1995 bis 2007 Bundesparteiobmann der ÖVP. Vom 4. Februar 2000 bis zum 11. Jänner 2007 war Schüssel österreichischer Bundeskanzler und als solcher im ersten Halbjahr 2006 Vorsitzender des Europäischen Rates. Von 30. Oktober 2006 bis 8. September 2011 war er wieder Abgeordneter zum Nationalrat und von 2006 bis 2008 Klubobmann des Parlamentsklubs der ÖVP, den er bereits von 1999 bis 2000 sowie von 2002 bis 2003 angeführt hatte.


Von 1968 bis 1975 war der Jurist Sekretär des Parlamentsklubs der Partei, von 1975 bis 1991 Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes, von 1979 bis 1989 Abgeordneter zum Nationalrat. 1989 wurde Schüssel als Nachfolger Robert Grafs Bundesminister für Wirtschaftliche Angelegenheiten. Am 22. April 1995 löste er Erhard Busek als Bundesparteiobmann der ÖVP ab. Von diesem übernahm er auch das Amt des Vizekanzlers unter Franz Vranitzky (SPÖ), zugleich wechselte er als Bundesminister in das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, wo er Alois Mock ablöste.


Nach der Nationalratswahl am 3. Oktober 1999 kam es zu Koalitionsgesprächen mit der SPÖ. Diese Gespräche scheiterten jedoch im Dezember 1999 und in der Folge einigten sich Schüssel und Jörg Haider auf eine ÖVP-FPÖ-Koalition. Schüssel wurde am 4. Februar 2000 österreichischer Bundeskanzler. Die Regierungsbeteiligung der FPÖ hatte sowohl inländische wie internationale Proteste zur Folge. Die 14 EU-Regierungen hoben getroffenen Sanktionen erst im September 2000 nach Vorliegen des so genannten „Weisenberichts“ auf. Infolge interner Konflikte der FPÖ zerbrach die Koalition und bei der folgenden Nationalratswahl im November 2002 erreichte die ÖVP unter Führung Schüssels einen Rekordgewinn (+ 15,4%) und einen Stimmenanteil von 42,3%. Erstmals seit der Wahl im Jahr 1966 war die ÖVP damit wieder stimmenstärkste Partei. Wolfgang Schüssel erneuerte die Koalition mit der stark geschwächten FPÖ. Im April 2005 spaltete sich die Führungsspitze der FPÖ unter Führung von Jörg Haider ab und gründete das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). ÖVP und BZÖ führten die Koalition fort. Nach der Nationalratswahl am 1. Oktober 2006 fiel die ÖVP wieder hinter die SPÖ zurück. Wolfgang Schüssel trat als Kanzler zurück und übernahm die Führung des ÖVP-Parlamentsklubs.


Seit den Anfängen seiner politischen Tätigkeit setzte er sich für Budgetdisziplin und Reformen im öffentlichen Dienst und Privatisierungen der verstaatlichten Industrie ein („Mehr privat – weniger Staat“). Während der Kanzlerschaft Schüssels wurde eine umfassende Pensionsreform unter der Zielsetzung einer langfristigen Finanzierbarkeit der Pensionssysteme umgesetzt. Für tiefgreifende Änderungen im österreichischen Asyl- und Fremdenrecht sorgte das 2005 beschlossene Fremdenrechtspaket. Parteiübergreifend begrüßt wurden die beginnenden Restitutionszahlungen an Opfer des Nationalsozialismus.
Im Jahre 2020 erschien seine Autobiographie „Was. Mut. Macht. Bemerkungen und Bemerkenswertes“ (ecowin), in dem nicht nur seinem politischen Leben breiter Raum gewidmet wird, sondern auch dem Menschen Wolfgang Schüssel. Politik, Kultur und Sport werden hier als „kommunizierende Gefäße“ beschrieben.