Engelbert Dollfuß

Engelbert Dollfuß wurde 1892 im niederösterreichischen Texing geboren. Er studierte, unterbrochen von seinem Kriegsdienst während des Ersten Weltkriegs, an der Wiener Universität Jus und trat 1922 in die Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer ein, deren Kammeramtsdirektor er 1927 wurde. Im März 1931 wurde er unter Bundeskanzler Otto Ender als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft in die Bundesregierung berufen. Nach dem Zerbrechen der Regierung Buresch in Folge der erdrutschartigen Gewinne der Nationalsozialisten bei den Landtagswahlen im April 1932 wurde er mit der Bildung der Bundesregierung beauftragt. Mangels der Bereitschaft anderer Parteien, in das Kabinett einzutreten, bildete er eine Koalition aus Christlichsozialen, Landbund und der Heimwehrfraktion, wobei die parlamentarische Mehrheit dieser Koalition von Beginn an unsicher schien. Gegen den erbitterten Widerstand der Opposition gelang im Sommer 1932 die parlamentarische Beschlussfassung der Lausanner Völkerbundanleihe. Ab diesem Zeitpunkt sollten sich die weltanschaulichen Gräben weiter vertiefen.

Nach dem Rücktritt der drei Präsidenten des Nationalrats vom 4. März 1933 schlug Dollfuß im Einvernehmen mit den Spitzen der Christlichsozialen Partei den autoritären Kurs ein und regierte ohne Nationalrat mit Hilfe der kriegswirtschaftlichen Notverordnungen. Die Parteien wurden schrittweise aus dem politischen Leben verdrängt; unter Bruch der Verfassung wurde der Verfassungsgerichtshof ausgeschaltet. Nach der Niederschlagung des Schutzbundaufstandes vom 12. Februar 1934, der standrechtlichen Hinrichtung mehrerer Schutzbundfunktionäre und dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei erfolgte mit 1. Mai 1934 die Inkraftsetzung einer neuen autoritären (und undemokratischen) Verfassung.

Zugleich erweckte Dollfuß den österreichischen Selbstbehauptungswillen gegenüber dem nationalsozialistischen Terror, der insbesondere nach dem Machtantritt Hitlers als deutscher Reichskanzler immer aggressiver auf eine nationalsozialistische Regierungsbeteiligung und in weiterer Folge auf eine nationalsozialistische Machtübernahme abzielte. Dem Nationalsozialismus galt Dollfuß als explizites Feindbild. Bereits am 3. Oktober 1933 war er bei einem Schussattentat im Parlament verletzt worden. Im Zuge des NS-Putschversuchs vom 25. Juli 1934 wurde er von nationalsozialistischen Attentätern im Bundeskanzleramt erschossen.