Eine historische Würdigung von Sektionschef i.R. Dr. Matthias Tschirf
Wiener ÖVP-Klubobmann a.D. sowie langjähriger Obmann des ÖAAB Wien
Fritz Neugebauer wurde am 10. Oktober 1944 als Sohn einer Schneiderin und eines ÖBB Beamten in Wien geboren. Er besuchte die Volksschule, dann das humanistische Bundesgymnasium Wien 2 von 1954-1958. Der Wechsel in die Lehrerbildungsanstalt Wien 1 Hegelgasse sollte seinen weiteren Lebensweg bestimmen. Unter seinen Professoren war für Pädagogik und Psychologie der spätere Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, den Neugebauer anlässlich Zilks Ableben am 28. Oktober 2008 als „persönlichen Freund“ bezeichnete.
Fritz Neugebauer legte nach der Matura die Lehramtsprüfungen für Volksschulen 1964, Hauptschulen 1974 und Polytechnische Lehrgänge 1989 ab. Er stand im Klassenzimmer von 1965-1997. Der Lehrberuf sollte ihn für sein Leben prägen. Er weiß bis heute um die besonderen Herausforderungen, denen sich Lehrerinnen und Lehrer täglich zu stellen haben. Im Klassenzimmer gilt es, die Spannungen unserer Gesellschaft zu bewältigen. Das Engagement für die Wertschätzung dieser Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen ist ihm bis heute ein besonderes Anliegen, für die abschätzige Qualifizierung der Lehrer versteht der sonst wirklich humorvolle Neugebauer keinen Spaß. Sehr bald engagierte sich Fritz Neugebauer in der Berufsvertretung der Lehrerinnen und Lehrer als Personalvertreter von FCG und ÖAAB.
1971 wurde er in den Zentralausschuss der Personalvertretung der Wiener Landeslehrer gewählt, 1975 deren Vorsitzender, bis er 1979 ins Präsidium der GÖD aufstieg. In dieser Zeit war er maßgeblich an Verhandlungen, die zu wesentlichen Verbesserungen des Dienst- und Besoldungsrechtes der Landesschullehrerinnen und Landesschullehrer führten, beteiligt. Sie trugen den deutlich gewachsenen Anforderungen an den Lehrberuf und die längere Ausbildungszeit Rechnung. Fritz Neugebauer machte sich als engagierter Verhandler sehr rasch bundesweit einen Namen und wurde deshalb 1989 stellvertretender GÖD Vorsitzender. Acht Jahre später folgte er Siegfried Dohr als Vorsitzender der GÖD.
Der Gewerkschaftstag 1997 wurde durch große Turbulenzen mit der Bundesregierung unter Viktor Klima und Wolfgang Schüssel gekennzeichnet. Sie drückten sich in lautstarken Protesten gegenüber den Regierungsmitgliedern aus. Die Regierung sparte ab Mitte der 1990er Jahre beim öffentlichen Dienst massiv ein und setzte eine Vielzahl an Maßnahmen: Aufnahmestopp, Funktionen auf Zeit, geringere Anrechnung von Vordienstzeiten, Kürzungen bei längeren Krankenständen. 1997 kündigte die Bundesregierung eine umfassende Pensionsreform im öffentlichen Dienst an. Sie zielte auf eine Vereinheitlichung des Beamten-Pensionssystems mit dem des ASVG und damit auf eine deutliche Reduzierung der Pensionshöhe. Gleichzeitig wurden die Einstiegsgehälter der Jüngeren finanziell attraktiver.
Als Fritz Neugebauer zum GÖD-Vorsitzenden gewählt wurde, erwarteten sich Öffentlichkeit und Medien eine Verhärtung der Fronten zwischen den Sozialpartnern im öffentlichen Dienst.
Tatsächlich erwies sich Fritz Neugebauer aber als äußerst geschickter Interessenvertreter: Er schuf eine neue Gesprächsbasis zur Bundesregierung und ermöglichte eine Modernisierung des öffentlichen Dienstes: durch andere Gehaltsverläufe, längere Übergangsfristen, Einführung von Pensionskassen, Schaffung von neuen Kollektivverträgen. Neugebauer erwies sich gerade bei Gehaltsverhandlungen als durchschlagskräftiger Interessensvertreter. Ganz wesentlich war es ihm stets zu zeigen wie wichtig der öffentliche Dienst für den Staat und den Zusammenhalt von Gesellschaft und Wirtschaft ist.
Die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse wurden deutlich reduziert und unterschieden sich fortan bei den Jüngeren kaum noch von Privatrechtlichen. An ihre Stelle traten nun private Dienstverhältnisse, teilweise basierend auf eigenen Kollektivverträgen. Diese Balance gelang Fritz Neugebauer in einer vor allem Anfang der 2000er Jahre aufgeheizten öffentlichen Stimmung dadurch, dass er intensiven Kontakt zu seinen Funktionären pflegte. Gerade für die sogenannten “kleinen Funktionäre” an der Basis hatte er immer ein offenes Ohr. Gleichzeitig wurde er sowohl bei den anderen Gewerkschaftsorganisationen als auch bei den Sozialpartnern außerordentlich geschätzt.
Fritz Neugebauer war neben seiner Funktion als Spitzenfunktionär der GÖD von 1991 bis 2003 Bundesvorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter und Vizepräsident des Gewerkschaftsbundes, von 2003 bis 2009 Bundesobmann des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes ÖAAB.
Er gehörte von 1996 bis 1999 und von 2002 bis 2013 als Abgeordneter dem österreichischen Nationalrat an, war vor allem im Bildungsausschuss engagiert, wurde 2006 stellvertretender ÖVP-Klubobmann und 2008 Zweiter Nationalratspräsident und damit einer der höchsten Repräsentanten der Republik Österreich.
Eine besondere Stärke zeigte Neugebauer stets während der Wahlkämpfe. „Fritz“ wie er mit Sympathie und Respekt von seinen Freunden genannt wird, verstand als exzellenter Redner in großen Versammlungen wie in der persönlichen Begegnung zu überzeugen. Fritz Neugebauer wurde der Berufstitel Hofrat aufgrund seiner beruflichen Verdienste verliehen. Für seine politische Tätigkeit erhielt er hohe Auszeichnungen, zu erwähnen ist unter anderem das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich am Bande.
Fritz Neugebauer ist belesen, historisch gebildet und hat die Welt bereist. Es ist immer ein Vergnügen mit ihm über die kulturellen, historischen, politischen und landschaftlichen Besonderheiten der verschiedenen Weltgegenden zu sprechen.
Das Karl von Vogelsang-Institut gratuliert seinem Mitglied Präsident Hofrat Fritz Neugebauer von ganzem Herzen.